In Staufen wurde ein Arzt zu € 18.000 Geldstrafe verurteilt, weil er falsche Maskenatteste ausgestellt haben soll. So berichtete die Badische Zeitung am 28. Juni unter dem Titel „Arzt zeigt vor Gericht keine Einsicht“.
„Auffällig sei gewesen, so berichteten die Beamten, dass die Atteste vermehrt auf Demonstrationen gegen Coronamaßnahmen aufgetaucht seien, alle vom selben Arzt gestammt und dieselbe unspezifische Begründung gehabt hätten […]“ heißt es im Artikel der Badischen Zeitung.
Das Urteil stoß mitunter auf starke Ablehnung und warf einige Fragen auf. Auch ich bin skeptisch, wie die Entscheidung des Gerichts wohl zustandekam. Ich folge insoweit, als ein Attest eines Experten unter genauster Überprüfung ausgestellt werden soll. Was hier für Maskenatteste gilt, sollte erst recht für Gerichtsurteile gelten. Und da ist das Problem.
Es wurden anscheinend mehrdeutige Beobachtungen einseitig interpretiert: Dass Maskenatteste bei Demonstrationen auch vorgezeigt werden, ist zu erwarten. Stammen dann viele von demselben Arzt, so hat dies vielleicht einen statistischen Grund, bspw. ein bestimmtes Klientel dieses Arztes. Zu denken, deshalb müssten die Atteste falsch sein, ist aber ein Kurzschluss. Mit derselben Logik könnte man aufgrund der Maskenpflicht, welche der Richter Heidi Winterer von sich aus ausgesprochen hat, auf eine maßnahmenaffine Einstellung des Richters schließen und daraus folgern, ihr Schuldspruch müsse deshalb ein “falsches Attest” sein. Völlig unabhängig vom Klientel des Arztes als auch seiner eigenen Einstellungen muss gemäß dem Grundsatz der Unschuldsvermutung davon ausgegangen werden, dass er die Atteste dennoch gewissenhaft und korrekt ausgestellt hat.
Entsprechendes gilt in Bezug auf die Begründung, dass Patienten für die Atteste von weit weg herkamen: „Auch sei aufgefallen, dass die Patienten aus der weiteren Umgebung gestammt hätten“ (BZ). Man könnte es auch so interpretieren, dass andere Ärzte sich trotz gesundheitlicher Bedenken geweigert hatten, Maskenatteste auszustellen. Wer diese Folgerung als voreilig verwirft, der muss auch die gegenteilige Folgerung als voreilig verwerfen, nämlich dass sie wegen falscher Atteste den weiteren Weg eingeschlagen hätten.
Leider bin ich nicht persönlich dabei gewesen. Sollte die Begründung des Gerichts aber genauso fragwürdig sein, wie sie in der BZ dargestellt wird, so stößt es umso mehr auf, dass die Öffentlichkeit nicht durch die Fenster die Verhandlung verfolgen durfte. Dies hatte der Richter untersagt, nachdem der Gerichtssaal sehr schnell voll war. Vermutlich auch aufgrund Abstandsregeln. Welchen Schaden hätte das Gericht davon gehabt? Vertrauen schafft es jedenfalls nicht. In den heutigen Zeiten von Polarisierung sind Transparenz und Vertrauen ein hohes Gut, aber nicht blindes Vertrauen. Laut einem neueren BZ-Artikel vom 6. Juli hat der Arzt inzwischen Berufung eingelegt. Es bleibt zu hoffen, dass der infragestehende Sachverhalt von der nächsthöheren Instanz nochmals durchleuchtet wird. Auch hinsichtlich einer möglichen Befangenheit.